Blogposts

Crowdsourcing- The letters of Albert Gaviny

Nina Janz

Crowdsourcing- The letters of Albert Gaviny

Written by Yassine Zaouch
Edited by Nina Janz

The crowdsourcing project for the WARLUX research project resulted in a diverse and unique collection of first-person documents and personal insights into the war experiences of conscripted young men and women. During the digitisation work, Yassine Zaouch, as a student assistant on the project, reviewed numerous letters and diaries. Here he reports on Albert Gaviny's letters.

THE STORY OF ALBERT GAVINY

Am 8. Mai 1920 erblickte Albert Gaviny in Merl, in der Merlergasse in Luxemburg zum ersten Mal das Licht der Welt. Bis zu seinem 21. Lebensjahr lebte Albert in Merl mit seinem Vater Nicolas Gaviny und seiner Mutter Margareta Gaviny, geborene Mertz. Albert war ein einfacher Junge, der eifrig in der Schule lernte und gerne in seiner Freizeit Fußball spielte. Würde man seinen Charakter in Worte fassen, so soll er ein ruhiger netter Junge gewesen sein, der Streit und Konflikte über alles verabscheute. Ein sehr guter Freund von ihm war Norbert Adam und verbrachte seine Kindheit mit ihm.
Doch Alberts Leben wurde wegen dem heraufkommenden Krieg ins Chaos gestürzt. Am 14. Oktober 1941 wird Albert zum Reichsarbeitsdienst (RAD) einberufen. Er wurde de facto von der Schulbank in eine Uniform gezwungen. Albert verbrachte seine RAD Zeit in Hermeskeil, im Deutschen Reich. Seine Eltern sandten ihm täglich Briefe und Päckchen voller Süßigkeiten und Kleidern. 

Manchmal wusste Albert nicht wohin mit all den Geschenken, also musste er einige Gegenstände wieder zurück nach Hause senden, um diese nicht wegzuwerfen.  Am 19. Februar 1942 war es dann so weit, Albert konnte wieder nach Hause zurückkehren und mit diesem Kapitel in seinem Leben abschliessen.

Albert in seiner Wehmachtsunifrom, Merl 1942.Fotograf unbekannt.

Dennoch herrschte weiterhin Krieg in Europa und Alberts Eltern fürchteten, dass ihr geliebter Sohn ihnen wieder weggenommen wird. Daraufhin hatte Alberts Vater Nicolas die Idee, seinem Sohn einen Arbeitsplatz zu arrangieren. Damit hätte Albert einen anständigen Grund in Luxemburg zu bleiben, und müsse somit nicht in die Wehrmacht eingezogen werden. Nicolas arbeitete bei der deutschen Reichsbahn in Luxemburg als Stellwerkmeister und konnte mit seinem Kontakt bei der Eisenbahn seinem Sohn am 1. Juni 1942 einen Arbeitsplatz verschaffen.

Alberts Arbeitspass 1942

Der Krieg spitzte sich immer weiter zu. Doch die deutsche Wehrmacht brauchte jeden fähigen Mann, sei es freiwillig oder gezwungen. Als sich nicht genügend Freiwillige meldeten, rief der Gauleiter Gustav Simon die Wehrpflicht für die Luxemburger im August 1942 aus.

Nicolas’ Plan schlug fehl und für die Eltern wurde ihre Sorge Realität. Albert wurde im Oktober 1942 einberufen und verließ Luxemburg, um an der Ostfront gegen seinen Willen zu kämpfen. Seinen ersten Brief an die Eltern in der Wehrmacht schrieb er am 1. November 1942. Darin berichtet er, dass er voller Hoffnung und Zuversicht ist und er seinen Eltern versprach, dass alles bald gut enden würde.

Nicolas (links) und sein Sohn Albert (rechts) 1942. Fotograf unbekannt.

Albert reiste von Luxemburg nach Trier, weiter nach Berlin bis nach Insterburg (heute Chernyakhosk, Russland), an der Ostfront. Alberts guter Freund Norbert soll laut seinen Eltern nach Dänemark versetzt worden sein, was ihn sehr traurig stimmte. In seinen Briefen berichtete er nie vom Krieg, er sprach immer über das Wetter, über seine luxemburgischen Kameraden und wie gerne er die Leckereien verzehrt, die seine Mutter ihm gesendet hat. In Insterburg blieb er nur kurz, denn es ging weiter gen Süden, nach Stablack (heute Stabławki, Polen). Seinen Eltern kam zu Ohren, dass sein geschätzter Freund Norbert zurzeit in Stablack verweilte. Albert freute sich sehr über diese Information und meinte, dass er ihn im Südbezirk am Sonntag einen Besuch abstatten könnte. Daraufhin schrieb Albert seinen Eltern, dass er nach Königsberg (heute Kaliningrad, Russland) entsendet wird, um eine 4 Jahre lange Ausbildung zu absolvieren, doch aus den weiteren Briefen lässt sich nicht rauslesen, dass er je einen langen Aufenthalt in Königsberg verweilte, noch dass er gerade eine Ausbildung dort tätigt. Warum dies der Fall war, erklärte Albert in seine Briefen nicht. Stattdessen erzählt Albert voller Freuden seinen Eltern, dass er nach Frankreich stationiert werde würde und er hoffe, dass sie einen Zwischenstopp in Luxemburg machen. Von Stablack ging es nicht sofort nach Frankreich, er musste noch einige Monate an der Ostfront verbringen, im Preußisch Eylau (heute Bagrationovsk, Russland). Danach folgten für Albert Zwischenstopps in Kaliningrad, Berlin, Duisburg, Maastrich, Lüttich, Namur, Charleroi und Mons. Schlussendlich ist er in Valenciennes, in Frankreich angekommen. In seinen Briefen ist er glücklich nicht mehr an der Front aktiv zu kämpfen, dennoch war er unglücklich, dass er seine Familie nicht besuchen konnte. Lange ruhen konnte Albert nicht, denn es ging weiter nach Douai, Arras und schlussendlich Amies.[1]

Hier verblieb Albert die meiste Zeit seiner gezwungenen Militärkarriere und berichtete in seinen Briefen über die vom Krieg zerstörten Städte, die er während seiner Zwischenstopps besichtigen konnte. Wegen seiner Mehrsprachigkeit konnte er sich mit den dort lebenden Franzosen gut verständigen und machte neben seinen Kriegskameraden, weitere einheimische Freunde. Sein Alltag bestand darin wache zu halten, Besorgungen für die Truppe zu tätigen und als provisorischer Dolmetscher für die Kommandanten zu arbeiten. Neben seinen alltäglichen Aufgaben, interessierte er sich für die Arbeit der Bauern auf ihren Höfen, und lernte einiges über das Führen eines Bauernhofes. Albert zog weiter zur Atlantikküste von Frankreich, jedoch beschreibt Albert seinen genauen Aufenthaltsort nicht. Im Sommer 1943 wurde Albert sein langersehnter Urlaub zugelassen, was ihn ohne zu zögern wieder zurück nach Luxemburg geführt hat.

Zufälligerweise hatte sein Freund Norbert ebenfalls Urlaub und Albert freute sich über die große Wiedervereinigung. Die Gräuel des Krieges waren Alberts Eltern nicht unbekannt. Sei es junge luxemburgische Männer, die wieder nach Hause kommen und von der Front erzählten, oder Boten, die mehrmals am Tag von den Toden der Söhne berichteten, jedem war bekannt, dass dieser Krieg aussichtslos sei. Alberts Mutter schlug vor, dass er nicht mehr zur Armee zurückkehren soll. Albert willigte ein, und die Familie Gaviny versuchte auch Norbert zu überreden, dass gleiche zu tun, doch dieser lehnte ab. Laut den offiziellen Dokumenten soll Albert am 5. August 1943 von der Wehrmacht desertiert sein. 

Alberts Entscheidung wurde leider aufgedeckt und er wurde verhaftet und nach Deutschland verschleppt. Alberts Eltern wurden vom damaligen luxemburgischen Gerichtshof angeklagt, einen Deserteur versteckt zu haben. Norbert Adam, hat nicht nur die Familie, sondern auch seinen Kindheitsfreund unbeabsichtigt verraten. Er hat einem Freund von ihm in einem Brief berichtet, dass er mehrere Adressen für mögliche Fluchtversuche erhielt, diese aber nicht nutzte, weil er glaubte, dass alles in ein paar Monaten vorbei wäre. Dieser Brief war nicht nur eine Belastung für die Familie Gaviny, sondern auch für Norbert selbst. Denn er wurde während der Anklage der Familie Gaviny, verurteilt und hingerichtet, weil er die Deserteure nicht gemeldet hat. Ab 1944 sendete Albert, wenn auch nur selten, Briefe an seine Familie. In diesen Briefen spricht er über Gott, und wie er ihn bald zu sich holen wird, und wenn ein wenig Hoffnung besteht, würde er mit allen wieder vereint sein. Doch er persönlich, glaubte nicht daran. Er spricht über alle seine ehemaligen Schulfreunde und über die kurze Zeit, die er auf dieser Welt genoss. Der ehemalige Pfarrer Dr. Bartz betreute alle dortigen Gefangenen mit den heiligen Sakramente und betete gemeinsam mit ihnen. Von der Wehrmachtstrafanstalt in Bitburg, wurde er nach Diez, bei Limburg gebracht. Dort wurde Albert Gaviny am 20. Oktober 1944 im Alter von 24 Jahren hingerichtet.

Porträt von Albert Gaviny, Datum Unbekannt. Fotograf: Bernard Kutter

[1] Alle genannten Briefe und Dokumente stammen aus der WARLUX Collection Degrell-Konsbrück, Marie-  Antoinette University of Luxembourg

Quellen:
Fédération des enrôlés de forces: http://www.ons-jongen-a-meedercher.lu/archives/personnes/detail/gaviny-albert
WARLUX Collection Degrell-Konsbrück, Marie-Antoinette

Neueste Blog-Beiträge

Podcast - Innovating & Sharing History on WARLUX

Sarah Maya Vercruysse

C²DH Podcast - Innovating & Sharing History - WARLUX - Soldiers and their communities in WWII

Since March 2020, the Warlux project at C²DH has been delving into the experiences and narratives of Luxembourg's 'forced recruits' and their families during the Second World War. The aim is to break with the traditional historiography surrounding the 'forced recruits' and to critically examine established narratives within the country's overarching historical discourse. Rather than treating these young men as a homogeneous group, the project explores the personal experiences of the soldiers, as well as the fates of their families during the war, utilizing a wide range of (new) sources and innovative digital methods.[....]

Weiterlesen

Letters by Emile Kremer from Schifflange - A new WARLUX collection

Nina Janz

Letters by Emile Kremer from Schifflange- A new WARLUX collection

Written by Suzanne Schmolze  

During the recent Forum Z on war experiences in Schifflange, which also served as a crowdsourcing day, the researchers were delighted to receive a substantial new collection of letters and postcards by Emile Kremer and his family. The documents were loaned to the Musée National de la Résistance et des Droits Humains (MNRDH) and professionally scanned at the University of Luxembourg. Afterwards, the originals were returned to their owner. [....]

Weiterlesen